Donnerstag, 13. Dezember 2012

Review: "The Last of Mr. Norris", Christopher Isherwood

"The Last of Mr. Norris", auch erschienen als "Mr. Norris Changes Trains", ist der erste Teil von Christopher Isherwoods "The Berlin Stories". Ich hatte von Anfang an hohe Erwartungen, schließlich ist Isherwood nicht nur der literarische Busenfreund von dem umwerfenden Armistead Maupin, sondern seine Bücher auch Vorlagen für keine geringeren Filme als "Cabaret""Christopher and His Kind" und "A Single Man". Die Erwartungen wurden nicht enttäuscht.
"The Last of Mr. Norris" ist erzählt aus der Sicht des jungen Briten William Bradshaw, der in den frühen 1930ern als Englisch-Lehrer in Berlin arbeitet. Auf einer seiner Zugreisen lernt er Arthur Norris kennen und bekommt auch bald eine Ahnung von den krummen Geschäften, in die sein neuer Freund verwickelt ist. Freundschaft und Loyalität werden kurzweilig in dem Roman behandelt. Die fast Krimi-esken Elemente, die Norris' Unternehmen mit sich bringen, leiten die Handlung, nehmen jedoch nie überhand, was Isherwood viel Platz und Zeit lässt, seine Figuren und das Berlin in den Dreißigern zu erkunden. Isherwood hat zu dieser Zeit selbst in Berlin gelebt, die Bradshaw-Figur ist quasi autobiografisch. So gelingt es ihm, ein lebhaftes Bild von Leuten, Stadt und Lebensgefühl zu schaffen. Frohe Momente wechseln sich mit dunklen Stunden ab, es ist nicht alles rosig in Isherwoods Berlin. Ein großes Thema sind die politischen Querelen zwischen den Kommunisten und den Nazis und die zunehmende Radikalisierung der einfachen Leute, eindringlich von Isherwood nachgezeichnet. Doch besonders abseits der Politik leben seine schrägen Figuren erst richtig auf: der eigentümliche, nervöse Norris; der verhuschte Politiker Kuno von Pregnitz; die scharfzüngige Journalistin Helen Pratt; und nicht zuletzt Fräulein Schröder, Norris' und Bradshaws Haushälterin, eine klassische, praktisch veranlagte Berliner Dame. Isherwood beschreibt auch das queere Berlin - doch seine Figuren sind so herrlich angelegt und wunderbar gezeichnet, dass er das Wort "schwul" nicht einmal benutzen muss (in den 30er Jahren ohnehin undenkbar). Stattdessen erfährt der geneigte Leser so viel Nähe zu den Charakteren, dass man am Ende manchmal, ein bisschen, glaubt, selbst dort gewesen zu sein.
Ein großartiges Buch, und ich freue mich schon auf "Goodbye to Berlin", den zweiten Roman der "Berlin Stories". In Deutschland erschienen die Bücher im Übrigen als "Mr. Norris steigt um" und "Leb wohl, Berlin".

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