Donnerstag, 23. Mai 2013

Ein paar Worte zu...Woolwich

Der Mord in Woolwich, London, ist hier gerade das bestimmende Thema in Großbritannien, sowohl in den Zeitungen, wie auch auf Blogs, auf Facebook, auf Twitter und überall sonst. Die Briten scheinen es zu lieben, "Terror!" zu schreien und dann, ums eigene Leben besorgt, ängstlich aus der Wäsche und düster in die Zukunft zu schauen.
So ein Blödsinn. Fakten gibt es kaum welche, die meisten "Tatsachen" beruhen auf "Augenzeugenberichten" auf Twitter und Facebook, ein paar Videoaufnahmen, ein paar Fotos. Fest steht wohl, dass gestern ein Mann in einem T-Shirt der Militär-nahen Hilfsorganisation "Help for Heroes" in der Nähe der Kaserne in Woolwich von zwei Männern angegriffen und getötet wurde. Die Angreifer kommunizierten anschließend mit Passanten und verbreiteten islamistische Parolen, bevor sie von der Polizei beschossen wurden und in zwei verschiedene Krankenhäuser gebracht wurden. In den englischen Medien liest sich das dann schon mal so: "Zwei schwarze islamistische Terroristen haben einen Soldaten geköpft, folglich ein Terrorakt, bevor sie endlich von der Polizei und mutigen Passanten gestoppt wurden - leider nicht getötet - und nun herrschen gar Bagdad-ähnliche Zustände in den Straßen Woolwichs, und die rechten Parteien fordern ganz zu Recht Vergeltung" - gerne auch unter der Überschrift "'You People Will Never Be Safe'". 
In meinen Augen ist das vorwiegend mal wieder Panik-Mache, denn alles gleich als "Terror" zu verdammen, ist ein Trend, der hier in Großbritannien gerne von den nationalistischen Parteien und Bewegungen wie der English Defence League angefeuert wird. Natürlich kenne ich die Hintergründe nicht besser als irgendjemand sonst, und selbstverständlich kann man vor allem aus dem Video von einem der Angreifer, in dem dieser ziemlich eindeutig Nähe zu Al-Qaida sucht, so einiges schließen.
Nichtsdestotrotz basiert weiterhin die meiste Berichterstattung auf Gerüchten, und zudem ist eine willkürliche Straßenattacke durch womöglich verwirrte Einzeltäter nicht gleich ein Terrorakt, hinter dem eine Ideologie, ein größerer Zweck und ein Terrornetzwerk stehen. Derzeit verunsichern die Medien die Bevölkerung höchstens, schüren Unruhe (ziemlich erfolgreich) und spielen damit den rechten Parteien zu, die diese Aufmerksamkeit auszunutzen wissen, um weiterhin Stimmung gegen unbeteiligte, unschuldige muslimische Mitbürger zu machen. 
Es bleibt die Frage, ob der Mord so viel Aufmerksamkeit erregt hätte, wären die Angreifer keine Muslime oder schwarzer Hautfarbe und das Opfer kein Soldat gewesen, und wäre die Attacke nicht so leicht in eine Schublade zu stecken.

3 Kommentare:

  1. Mich interessiert brennend, was die Film- und Fotoaffinen Studenten in dem Zusammenhang zum Begriff "Massenbelichtungswaffe" sagen, der erneut durch die deutschen Medien geistert?
    Ansonsten interessieren sich die britischen Medien wenigstens für die Tathintergründe, während die Deutschen anscheinend eher Angst um das deutsche Finale in London haben.

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  2. Wenn ich "Massenbelichtungswaffe" richtig verstehe, beschreibt der Begriff das Phänomen, dass Terroristen u.ä. (fuuh) zunehmend das Licht der Öffentlichkeit und die zahlreichen Selbstdarstellungsmöglichkeiten sowie die krasse Verbreitung durch Handy-Kameras und soziale Medien suchen?!
    Das ist natürlich eine logische und vollkommen folgerichtige Konsequenz aus der immer größer werdenden Demokratisierung der Medien, die an sich erst mal gut und wichtig ist. Wenn jemand wie ich einen Blog schreiben kann und meine Meinung in die Welt pupsen kann, warum nicht auch die. Das Problem liegt bei denen, bei denen die Bilder ankommen und die daraus ihre Schlussfolgerungen ziehen müssen. Wie uns nicht erst Mark-Uwe Kling lehrte, sind diese Menschen/Rezipienten zumeist dumm. Da wird das Bild dann tatsächlich zur Waffe, bzw. wirkt wie eine Waffe/eine Bedrohung, da das mit dem Filtern nicht so funktioniert - und andere Quellen zusätzlich Angst einflößen, wie etwa die völlig schwachsinnigen Schlagzeilen und EDL-Parolen im Fall Woolwich.
    Ein weiteres Problem liegt darin, dass die tonangebenden Medien (Zeitungen, TV) nicht in der Lage sind, die "Massenbelichtungswaffen" richtig zu bekämpfen/einzuschränken. Weil sich Spektakel eben besser verkauft als Aufklärung, wird den "Massenbelichtungswaffen" eine Plattform geboten, ohne die sich die Botschaften vielleicht gar nicht so schnell verbreiten könnten - und nichts wird getan, um der Angst Herr zu werden. Stattdessen werden andere, unangenehme Wahrheiten verschwiegen, die dem Rezipienten helfen würde, alles in Relation zu setzen. Natürlich müssen die Medien filtern, und natürlich müssen sie einiges auslassen. Nur leider wird dabei eher aus den Verkaufswert als auf den sozio-kulturellen Kontext geschielt - wer kümmert sich schon um die Situation britischer Muslime, wenn die Daily Mail sich gut verkauft?
    Also, mehr "Massenbelichtungswaffen" bitte, aber bitte nicht immer nur aus der gleichen Richtung.

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  3. AHA! Der Guardian hat einen interessanten Artikel veröffentlicht - war es wirklich Terrorismus? Wie schön. http://www.guardian.co.uk/commentisfree/2013/may/23/woolwich-attack-terrorism-blowback

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