So ein Geheimnis ist das ja eigentlich auch gar nicht. Propeller, so wurde die Dramaturgin vor jeder Aufführung nicht müde zu erwähnen, verkaufen sich bei jedem Neusser Festival in den ersten Stunden aus und freuen sich dann über ihr europäischen Publikum und die fünf, sechs, sieben Applausrunden (zu Recht). Comedy of Errors (Komödie der Irrungen) besticht mit unerwarteten Kung-Fu-Einlagen, lässigen Sombrero-Trägern und Liebeserklärungen an die Musik und Kleidung der 80er. Ganz genüsslich verstricken die Herren und "Damen" sich im Zwillings-Chaos aus Shakespeares allererster Komödie und finden auch noch Zeit, einem Fräulein im Publikum ein Ständchen in miesem Spanisch zu singen - der Rest des Publikums wird in der Pause zu guten Zwecken beschallt. Nur wenig sanfter geht es im Midsummer Night's Dream (Sommernachtstraum) zu, wo Puppen auf einem viktorianischen Dachboden zum Leben erwachen und sich unter Anleitung des bestrumpfhosten Puck wilde Geschichten erzählen. Da fliegen der Glitzer, Blümchen und Fäuste in absurdem Tempo, und spätestens beim Nervenzusammenbruch von Thisbe liegt der Zuschauer ermattet am Boden, nach Atem ringend und immer noch kichernd.
Schauspieler Dan Wheeler in Comedy- und Dream-Aufmachung |
Nun. So weit, so schön - in der Theorie. Vor ein paar Tagen erreichte die Twitter- und Facebook-Fangemeinde die Schreckensnachricht, dass der Arts Council, so etwas wie der Kunst-Ausschuss der britischen Regierung, aber sehr viel reicher, eigenständiger und willkürlicher, sein neues Förderprogramm verkündet hatte - und für die nächsten drei Jahre Propeller einfach mal sämtliche Finanzierung entzogen hatte. Das ist schlecht, denn das ACE-Geld macht 20% der Propeller-Einnahmen aus und somit ist es jetzt ungewiss, ob Propeller, von Haus aus eine obdachlose Tour-Compagnie, jemals wieder touren kann. AAAAH.
Das darf nicht sein, dachte sich also der geheimnisvolle Club der Propeller-Liebhaber. Da wurde eine Petition geschrieben und, weil der Club bei aller Liebe zu 80er-Musik und viktorianischen Dachböden auch im Hier und Jetzt verortet ist, ein Hashtag (#savepropellergroup) samt Selfie-Kampagne gestartet. Die Petition hat nach fünf Tagen schon über 2000 Unterschriften und die Unterstützung der englischen Legende Stephen Fry und läuft auf Anordnung von Ed Hall, seines Zeichens Propeller-Gründer, munter weiter, bis sie kein Geheimnis mehr ist und der ACE ein Einsehen hat. Wenn Puppen Mundharmonika spielen können und Sombreros plötzlich cool sind, dann geschehen noch Zeichen und Wunder, oder so in der Art. Die Hoffnung stirbt zuletzt.
Übrigens: Nicht nur Propeller, auch die ähnlich leidenschaftlichen und wunderbaren Companien Red Ladder und Orange Tree hat es mit der Nullkommanull-Finanzierung erwischt. Auch dort sind die Rettungsmaßnahme angelaufen. Es lebe die Theaterkunst, mit oder ohne Regierungsgelder.
Ich bin wirklich erstaunt, durch diesen Beitrag gekommen zu sein, ohne einmal den ACE "Arschlöcher" genannt zu haben...ups. Ihr könnt ja die Petition unterschreiben, wenn ihr stolz auf mich seid.
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